Geschichtswerkstatt Göttingen
Als die Geschichtswerkstatt Göttingen und zahlreiche andere lokale Geschichtsinitiativen mit dem Anspruch einer "neuen Geschichtsbewegung" vor nunmehr über zehn Jahren (1997) an die Öffentlichkeit traten, geschah dies aus einem gesellschaftskritischen Antrieb heraus. Als Teil der Neuen Sozialen Bewegungen (Friedens-, Anti-AKW-, Frauen- und Ökologiebewegung) wollten sie einer demokratischen "Geschichte von unten" zum Durchbruch verhelfen.
Der einseitigen reaktionären Instrumentalisierung von historischer Forschung versuchen die Geschichtswerkstätten eine basisdemokratische, auf die direkten Lebensumwelten der Menschen und ihrer Erfahrungen konzentrierte Geschichtsarbeit entgegenzusetzen. Für diesen Versuch steht der Begriff der lokal und regional orientierten Alltagsgeschichte. Beeinflußt von Sven Lindqvists Aufruf: "Grabe wo Du stehst" sollte jeder und jede über und durch die gemeinsame Arbeit in den Geschichtswerkstätten in die Lage versetzt werden, die eigene Geschichte zu entdecken. Historische Forschung soll dem alleinigen Zugriff von akademischen Experten entzogen werden. Wissenschaftskritik war also von Beginn an eine entscheidende Motivation für die Arbeit der Geschichtswerkstätten.
Gegen eine zunehmend in der Analyse sozialer Strukturen und Prozeße erstarrende Sozialgeschichte setzen Geschichtswerkstätten verstärkt eine Erfahrungsgeschichte. Die Erfahrungen von Menschen, ihre Sicht auf die vermeintlich großen Prozeße und eben auch ihre Teilhabe an Macht, Herrschaft und historischen Ereignissen soll im lokalen Raum sichtbar und hörbar gemacht werden. Die soziale Basis individuellen wie kollektiven Handeln soll dargestellt werden.