St. Jacobi-Kirche Göttingen
Die St. Jacobi-Kirche ist eine Kirche in der Innenstadt Göttingens.
Die evangelisch lutherische Pfarrkirche St. Jacobi in der Göttinger Altstadt wurde zwischen 1361 und 1433 errichtet. Die dreischiffige gotische Hallenkirche ziert ein 71. Meter hoher Fassadenturm aus dem Jahre 1433. Die Kirche wurde dem Schutzpatron der Pilger, dem heiligen Jakobus dem Älteren geweiht. Wahrscheinlich stand an der gleichen Stelle vorher eine eine wesentlich kleinere Kirche, die von Heinrich dem Löwen um 1186 gegründet wurde und als Burgkapelle der Stadtburg diente. Im Inneren findet sich ein dreiflügeliger geschnitzter Altar, der auf der Sonntagsseite die Geschichte Jesu zeigt, auf der Alltagseite die Geschichte des St. Jacobus. Auf der Festtagsseite wird Christus als König der Welt thematisiert. Moderne Kunst ist seit 1997/98 in der Kirche zu finden: Der fünfteilige Fensterzyklus von Johannes Schreiter auf der Nordseite übersetzt den 22. Psalm in Farbe, Linie und Licht. Auch die größte Ott-Orgel Südniedersachsens ist in der St. Jacobi-Kirche untergebracht: Sie wurde 1964/66 von Paul Ott erbaut. In der St. Jacobi-Kirche ist die Jacobi-Kantorei angesiedelt. Im Kirchtum von St. Jacobi brüten regelmäßig Wanderfalken.
Im November 2009 zieht die St.-Jacobi-Kirche bundesweites Medieninteresse auf sich. Die vergoldete Kirchturmspitze, vier Meter hoch und 30 Kilogramm schwer, wurde gestohlen. Die Diebe waren offenbar über ein wegen Sanierungsarbeiten angebrachtes Gerüst nach oben geklettert. Der Schaden lag bei rund 10000 Euro. 2009 wird die Kirche eingerüstet, um Sanierungsarbeiten vorzunehmen, die rund fünf Jahre dauern sollen.
Jacobi-Kirchturm: Die Kartierung eines Bauwerkes
Fünf Jahre lang soll die Sanierung des Göttinger Jacobikirchturms dauern. Allein schon die genaue Aufnahme des Schadensbildes ist eine Mammutaufgabe. Sie wird derzeit in akribischer Kleinarbeit vom Institut für Konservierung und Restaurierung aus Fulda vorgenommen. Eine beeindruckende Menge an Grafiken und Zeichnungen haben Restaurator Gerd Belk und seine Mitarbeiterin Suleika Behan nach zahlreichen Gängen über das Gerüst der Kirche zusammengestellt. Behan nimmt Schäden direkt in das vor den Bauch geschnallte Laptop auf. Wo gibt es Brüche im Stein? Wo sind schädliche Verunreinigungen durch Taubenkot, wo Witterungsschäden oder schwarze Patina? Fensterfeld für Fensterfeld nehmen die Restauratoren die Schäden im zweiten Bauabschnitt in 46 bis 56 Meter Höhe auf. Doch nicht nur die Schäden werden registriert, auch der Zustand des Turmes wird erfasst, beispielsweise die Steinzusammensetzung. So dokumentieren die Restauratoren, wo Buntsandstein aus der Entstehungszeit im 15. Jahrhundert steckt und welche anderen Steinarten wo zu späteren Zeiten eingesetzt wurden. Die Dokumentation zeigt: Erstaunlich viel bauzeitliche Substanz steckt noch in dem Turm, nämlich mindestens 60 Prozent. Drei Meter sind die Mauern laut Belk dick, ein Quader wiege etwa 250 bis 300 Kilogramm. Auch die Aufarbeitung der Vorgeschichte der Restaurierungen gehört zur Aufgabe der Restauratoren. Steinmetzzeichen werden dokumentiert, historische Fotos und alte Pläne ausgewertet. Der Jacobikirchturm ist nicht Belks erstes großes Projekt. Er ist seit 30 Jahren im Geschäft und war unter anderem schon am Dresdener Zwinger unterwegs. Am Ende erstellen die Restauratoren aus ihren Befunden ein Maßnahmenkonzept. Die Entscheidung über die Umsetzung treffen dann die Beteiligten auf kirchlicher Seite.
- Quelle: Artikel von Jörn Barke im Göttinger Tageblatt vom 8. Dezember 2009.
Jacobi-Kirchturm: Maßwerkfenster rekonstruiert
Für Jacobi-Pastor Harald Storz ist es ein handwerklicher Höhepunkt bei den derzeitigen Sanierungsarbeiten am Kirchturm. Steinmetzen haben ein mittelalterliches Maßwerkfenster, das sich in etwa 50 Meter Höhe befindet, fast vollständig rekonstruiert.
Nur zwei alte Steine aus der Erbauungszeit des Turms im 15. Jahrhundert hätten bei dem Fenster noch erhalten werden können, erklären die beteiligten Steinmetzen.
Die Rekonstruktion des übrigen Fensters sei eine schwierige und langwierige Arbeit gewesen. Denn die Fenster-Konstrukteure hätte mit frei versetzten Einstichpunkten für die Zirkelschläge für die Rundungen des Fensters gearbeitet.
Auch das Fertigen der einzelnen Steine des Fensters ist ein großer Aufwand: So stecken allein in einem großen Fensterstein 120 Stunden Arbeit. Die einzelnen Steinteile des Fensters werden mit Zugankern verbunden und mit Blei verfugt. Blei sei das beste Fugenmaterial, weil es elastisch sei und die enormen Lasten, die auf den Turm einwirken, aufnehmen und kompensieren könne, sagt Steinmetzmeisterin Katharina Böttger.
Die verbundenen, aber noch nicht verfugten Fensterteile mussten aus Konstruktionsgründen von unten mit einer Hydraulikpumpe nach oben geschoben werden.
Storz weist darauf hin, dass Bauherren und Handwerker bei der Sanierung bewusst Spuren hinterlassen. So ist auf dem nun rekonstruierten Fenster in erhabenen Buchstaben die Jahreslosung „Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig“ zu lesen. Im vergangenen Jahr war in einen Sandstein die damalige Jahreslosung „Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem“ eingemeißelt worden.
Die Idee stamme von Heino Ester vom kirchlichen Amt für Bau- und Kunstpflege, erklärt Storz. Die Jahreszahlen zu den Losungen seien dabei bewusst nicht mit angegeben worden, so Storz. Es solle der Kombinationsgabe der nachfolgenden Generationen überlassen bleiben, warum genau diese Sprüche ausgewählt worden seien, habe das Argument von Ester gelautet.
Mit den Losungen würde das Wirken auf der Baustelle auf ganz uneitle Weise in einen größeren Zusammenhang eingereiht, so Storz.
Es würden Spuren hinterlassen, die nicht für die Jetztzeit gedacht und nicht sichtbar seien, sondern erst in 50 oder 100 Jahren bei der nächsten Sanierung des Turmes gelesen würden. Die jetzige Sanierung des 72 Meter hohen Turmes wird noch bis 2014 dauern.
- Quelle: Artikel von Jörn Barke im Göttinger Tageblatt vom 16. Juli 2012.