Nikolaistraße

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Nikolaistraße um 1900

Die Nikolaistraße ist eine Straße in Göttingen


Alkoholverbot Mai 2012

Seit gestern hängen die Verbotsschilder. Ab sofort ist an Wochenenden in den Nächten von Freitag auf Sonnabend und von Sonnabend auf Sonntag zwischen 0 und 8 Uhr das Trinken von Alkohol in der Nikolaistraße und dem Nikolaikirchhof verboten.

Doch wie die Einhaltung der „Verordnung zur Begrenzung des Alkoholkonsums im öffentlichen Straßenraum“ überhaupt wirksam kontrolliert werden kann, ist nicht sicher. Sowohl der Ordnungsdienst der Stadt als auch die Polizei Göttingen haben große personelle Mühen, dauerhaft mit einem Streifendienst dort präsent zu sein.

Highlife in allen Gassen

Bei einer Diskussionsveranstaltung der CDU unter dem Titel „Highlife in allen Gassen“ am Donnerstagabend schilderten Siegfried Lieske, Dezernent für Jugend, Schule und Ordnung, und Polizeidirektor Gerd Hujahn die personellen Engpässe. „Unsere Personalressourcen reichen nicht aus“, erklärte Hujahn. So habe der Regeldienst keine freien Kapazitäten, noch mehr zu kontrollieren als er es jetzt ohnehin schon tut. Zwar gebe es am Wochenende noch ein sechsköpfiges Einsatzkommando im Dienst, das auch gezielt in der Nikolaistraße kontrolliere, gleichzeitig aber auch für den ganzen Landkreis zuständig sei. „Personell können wir es nicht leisten, jeden Freitag und Sonnabend in der Nikolaistraße dauerhaft präsent zu sein. Das geht nur gemeinsam mit dem Ordnungsdienst der Stadt“, erklärte Hujahn.

Hujahn begrüßte aber grundsätzlich die neue Verordnung für die Nikolaistraße. Damit habe die Polizei nun ein „Handwerkszeug“, Verstöße auch zu ahnden.

Die Stadt sieht sich aber vor einem ähnlichen Personalproblem wie die Polizei. „Wir haben kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem“, sagte Lieske. Er kündigte an, die derzeitige Aufgabengewichtung beim Ordnungsdienst zur Diskussion zu stellen und auch Personal umzuschichten.

Mehr Personal benötigt

Nach Angaben von Manfred Kuhlmann, Fachbereichsleiter Ordnung, sind derzeit zwölf Mitarbeiter – teilweise in Teilzeit – mit der Kontrolle von Parksündern befasst. Fünf Mitarbeiter des Ordnungsdienstes sind im Außendienst, ermitteln, kontrollieren und gehen Hinweisen aus der Bevölkerung nach. „Wenn mehr kontrolliert werden soll, brauche ich mehr Personal“, fasst Kuhlmann zusammen.

Derweil geht Holger Welskop, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender, davon aus, dass mit in Kraft treten der Verordnung diese auch kontrolliert wird und der Ordnungsdienst „präsent“ ist.

Neues Verbot: Bronislav Barwicki, Joachim Werner und Volker Hempfing (v. l.) hängen Schilder auf.

Vor dem Hintergrund einer bereits bewilligten Personalaufstockung im Fachbereich müsse überlegt werden, wo dieses Personal eingesetzt werde. „Zum Knöllchenschreiben oder zur Kontrolle von Problembereichen?“

Auch mit Blick auf eine anhaltend angespannte Situation im Cheltenhampark plädiert Welskop dafür, in den Sommermonaten mehr Dienste des Ordnungsdienstes in die Abendstunden zu legen, um so „ein deutliches Signal“ zu setzen. „Das ist personell auch darstellbar“, ist er sich sicher. Dazu müsse aber auch der politische Wille da sein. Für die CDU kündigte er an, einen entsprechenden Antrag für die politischen Gremien einzubringen.

Im Budgetbericht 2011 für den Stadtordnungsdienst sind unter anderem diese Ziele formuliert: „Im Stadtkern wird einmal in der Woche ein mindestens zweistündiger Kontrollgang durch eine Doppelstreife durchgeführt“ und „Zur Beibehaltung der Präsenz an Wochenenden und in den Abendstunden werden 15 Dienste (als Doppelstreife) mit jeweils sechs Stunden durchgeführt.“ Diese Ziele seien erreicht worden, heißt es im Budgetbericht.


Quelle: "Personalmangel bei Stadt und Polizei", Artikel von Michael Brakemeier im Göttinger Tageblatt vom 1. Juni 2012.

Foto von Christina Hinzmann, erschienen im Göttinger Tageblatt vom 1. Juni 2012.


Klage

Mit einer beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg eingereichten Normenkontrollklage will der Rechtsanwalt Hannes Synofzik aus Friedland die für die Göttinger Nikolaistraße erlassene Alkoholverbotsverordnung kippen.

„Für die Verordnung gibt es keinen Bedarf“, sagt er und verweist auf die seit 2009 geltende „Verordnung zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit“, die „jegliche Belästigungen“ verbietet. „Das Grölen besoffener Passanten in der Nikolaistraße sowie das belästigende Ansprechen anderer Anwohner oder Gäste ist schon jetzt verboten.“

Dazu bedürfe es keiner Verordnung. Die Neuregelung treffe so ausschließlich die „stillen Trinker“. Diese Personen stellten aber keine zusätzliche Gefährdung dar. „Der Erlass einer ordnungsbehördlichen Verordnung setze eine ,abstrakte Gefahr‘ voraus. Hierfür müsse die Stadt belegen können, dass von Personen, die Alkohol mit sich führen, regelmäßig und typischerweise eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgehe. Einen solchen Nachweis könne die Stadt jedoch nicht führen.“

Synofzik sieht gute Chancen, dass das Nikolaistraßenverbot kippt und verweist auf ein ähnliches Verbot in Erfurt. Dort ist die Verwaltung mit dem Versuch gescheitert, den Alkoholkonsum auf öffentlichen Plätzen zu verbieten. Die Richter am Weimarer Oberverwaltungsgericht begründeten ihre Entscheidung damit, dass von Menschen, die in der Öffentlichkeit Alkohol trinken, keine unmittelbare Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgehe.

Um ein solches Verbot zu erlassen, müsse es ein entsprechendes Landesgesetz zur Gefahrenabwehr geben. „Die Stadt Göttingen ist hierüber sogar hinausgegangen, weil das bloße ,Mitsichführen‘ von Alkohol schon verboten ist, wenn die Absicht erkennbar ist, diese Getränke in der Nikolaistraße konsumieren zu wollen“, sagt Synofzik. Weder von dem bloßen Konsum noch von dem Mitsichführen gehe jedoch eine „abstrakte Gefahr“ aus.


Quelle: "Klage gegen Alkoholverbot in der Nikolaistraße", Artikel von Michael Brakemeier im Göttinger Tageblatt vom 10. August 2012.


Mit Ordnungsdienst auf Streife

Mit der Bierflasche erwischt: Rainer Dunker vom Ordnungsdienst nimmt die Personalien auf.

Es ist eine laue Sommernacht. Wie gemacht, um in den Parks der Stadt zu feiern. Für Polizei und Ordnungsdienst der Stadt wie bestellt, um in den Parks der Stadt und in der Partymeile Nikolaistraße zu kontrollieren. Schon seit 19.30 Uhr sind Rainer Dunker, Mike Oppong und André Becker vom städtischen Ordnungsdienst am Sonnabend unterwegs, um in der Stadt für Ordnung zu sorgen. Gemeinsam mit fünf Polizisten ist ab 0.30 Uhr – nach Kontrollen im Hasengraben, auf der Schillerwiese und im Cheltenhampark – die Nikolaistraße ihr Ziel.

Geöffnete Bierflasche

Kaum dort angekommen, läuft ihnen ein junger Mann mit geöffneter Bierflasche in die Hände. Dunker klärt ihn auf, dass wegen des Alkoholverbotes ein Bußgeld auf ihn zukommt. „Mist“, sagt der Ertappte. „Klar, ich habe von dem Verbot gelesen. Dass tatsächlich kontrolliert wird, hätte ich nicht gedacht.“ Bereitwillig gibt er seine Personalien an. Verständnis für das verhängte Verbot hat er nicht: „Hirnlos“, sagt er.

Ähnlich ist die Reaktion einer jungen Frau, die mit ihren Freunden vom Juzi Richtung Innenstadt zieht. Schilder am Straßenanfang habe sie nicht gesehen, sie weigert sich, ihre Personalien anzugeben. Oppong redet geduldig auf sie ein, lässt sich auf keine Diskussionen ein. Sie habe gegen das Alkoholverbot verstoßen, sie müsse sich ausweisen. Hartnäckigkeit auf beiden Seiten. Oppong fordert schließlich durch die Polizeibeamten eine Streife an.

Personalienfeststellung auf der Wache

Der Frau droht die Personalienfeststellung auf der Wache. Die Androhung zieht. Sie gibt ihre Personalien an. Danach darf sie mit der geöffneten Bierflasche weiterziehen. Ein Ordnungswidrigkeitenverfahren droht ihr nun. Die Höhe des Bußgeldes, sagt Dunker, ist von verschiedenen Faktoren abhängig – etwa der Schwere des Vergehens oder ob es wiederholt begangen wurde. Gegenüber ziehen derweil zwei Männer mit ungeöffneten Bierflaschen vorbei. Sie dürfen weitergehen. „Nur der Verzehr von Alkohol ist verboten, nicht das Mitführen“, sagt Oppong.

Seit Einführung des Verbotes steht der Vorwurf im Raum, dass nichts gegen das Alkoholproblem und damit verbundener Begleiterscheinungen getan wird. Thomas Rath, Leiter der Polizeiinspektion Göttingen, weist das entschieden zurück. Durch „Dauerpräsenz“ wolle man „eine ausgelassene und fröhliche Wochenendstimmung in der Nikolaistraße und der gesamten Innenstadt“ aber nicht unmöglich machen.

Unpopuläre Maßnahmen nicht scheuen

„Aber es gibt Regeln, und die vielen seit Inkrafttreten der Verordnung gefertigten Anzeigen belegen, dass es wohl ohne Repression mal wieder nicht geht.“ Wolle man „das subjektive Sicherheitsgefühl von Passanten in der Fußgängerzone wirklich nachhaltig verbessern“, dürfe man auch „weitere unpopuläre Maßnahmen nicht scheuen und muss sich widerstreitenden Interessenlagen stellen“.

Videoüberwachung „an rechtlich zulässigen Orten mit entsprechender Aufhellung der Innenstadt“ dürfe dann kein Tabu-Thema sein. „Dies insbesondere dann, wenn das Alkoholverzehrverbot als mildere Maßnahme gerichtlich gekippt wird“, sagt Rath. Eine entsprechende Normenkontrollklage ist inzwischen von Anwalt Hannes Synofzik gestellt. Bewerten will die Stadt das nicht: „Wir haben im Rahmen der Göttinger Diskussion über ein solches Verbot auf andere Klageverfahren und Rechtsstreitigkeiten und Gerichtsentscheidungen aus anderen Städten rechtzeitig hingewiesen“, sagt Stadtsprecher Detlef Johannson.

Verbot zeitlich und räumlich sehr eng gefasst

„Wir haben versucht, den Interessen der Anwohner und Anlieger der Nikolaistraße gerecht zu werden, ohne die Göttinger Öffentlichkeit insgesamt stärkeren Einschränkungen zu unterwerfen, indem wir das Verbot zeitlich und räumlich sehr eng gefasst haben.“ Das Alkoholverbot in der Nikolaistraße ist im Mai vom Rat der Stadt mit großer Mehrheit gegen die Stimmen von Linkspartei und Piraten verabschiedet worden.

In der Nacht haben Dunker, Oppong und Becker mit der Polizei bei ihren Kontrollen die Personalien von 50 Passanten aufgenommen. Gegen vier davon ist ein Verfahren eingeleitet worden. Zusätzlich wird gegen zwei Kioskbetreiber ermittelt. „Eine ruhige Nacht“, sagt Dunker. Bis das Gericht eine Entscheidung zum Alkoholverbot fällt, werden die Ordnungshüter weiter durch die Nikolaistraße ziehen.


Quelle: "Nikolaistraße: Mit Ordnungsdienst auf Streife", Artikel im Göttinger Tageblatt vom 21. August 2012.

Foto von Swen Pförtner, erschienen im Göttinger Tageblatt vom 21. August 2012.


Videoüberwachung

Auf Kritik bei der Ratsfraktion der Piratenpartei stoßen das Anfang Juni in Kraft getretene Alkoholverbot in der Nikolaistraße und die gestern von Polizeichef Thomas Rath in die Diskussion eingebrachte Videoüberwachung.

„Anstatt Ursachen auf den Grund zu gehen oder gar Toleranz zu üben, wird nach Ausweitung des Alkoholverbotes und dem Allheilmittel Videoüberwachung geschrien“, schreiben die Ratsmitglieder Martin Rieth und Tobias Schleuß.

Nie nachhaltig

„Schierer Aktionismus“, obwohl Verbot und verschärfte Kontrollen „offensichtlich“ ihr Ziel verfehlten. Einer Videoüberwachung bescheinigen Rieth und Schleuß Erfolglosigkeit. Ein Verbot sei „billig und immer einfach und nie nachhaltig“.

Überwachung und Verbote sind für sie „Zeichen unreflektierter Handlungen“ und deren politische Genehmigung sei „intolerant und einfallslos“. Es fehle den Verantwortlichen an Konzepten und dem Sachverstand, die Ursachen anzugehen. „Doch vielleicht ist das gar nicht gewollt. Soll hier ein Täterprofil heraufbeschworen werden, um pauschale Überwachungsmaßnahmen zu rechtfertigen oder einem gewissen Klientel zu zeigen, man sei nicht untätig?“, fragen sie.

Parkähnliche Orte

Parkähnliche Orte im Innenstadtbereich wie der Wilhelmsplatz mit Kiosk, Imbiss und Sitzmöglichkeiten ohne Verzehrzwang seien die richtige Alternative für Jugendliche, „wenn sonst alles gestrichen wurde“. Nach der Umgestaltung des alten Stadtbad-Gelände sei wieder eine Chance vergeben worden, meinen die beiden Piraten. Statt einer „weiteren Beschneidung der Bürgerrechte und Überwachung der Öffentlichkeit“ fordern die Piraten „Angebote statt Verbote“.


Quelle: "Nikolaistraße: Piraten gegen Videoüberwachung", Artikel von Michael Brakemeier im Göttinger Tageblatt vom 22. August 2012.


Protest der Grünen

Eine Videoüberwachung war kürzlich von der Göttinger Polizei angeregt worden.

Vor einer Diskussion über verschärfte Repressionsmaßnahmen, betont Reuter, müssten „belastbare Daten über die Wirksamkeit des geltenden Alkoholverbots“ vorliegen. Reuter hält das Verbot für unwirksam.

Die Grünen hielten nichts davon, „den Menschen mantraartig einzutrichtern, dass das Nachtleben zusehends eskaliert, die Straßen immer lauter und unsicherer werden und man die Grundrechte immer weiter aushebeln muss, um endlich für Ruhe und Ordnung zu sorgen.“


Quelle: "Grüne gegen Überwachung", Artikel von Matthias Heinzel im Göttinger Tageblatt vom 25. August 2012.

Innenstadtbauprogramm

Die Nikolaistraße ist von dem Innenstadtbauprogramm betroffen und eine Sanierung ist für 2018 geplant

Die Baukosten inklusive Planungskosten für die Nikolaistraße sollen 534.750,00€ betragen wovon der Anteil der Stadt 334.750,00€ betragen soll.

Der fehlende Betrag soll durch Anliegerbeteiligung zustande kommen.


Quelle: "Verjüngungskur für die Innenstadt", Artikel von Michael Brakemeier im Eichsfelder Tageblatt vom 7. September 2016.

Siehe auch

Spielplatz Nikolaikirchhof